Oscar – ursprünglich Eumel von der Hexenhuke – heißt der Therapiebegleithund in der Klinik für Geriatrie am Westerholter Krankenhaus. Der sechs Jahre alte Rüde gehört zum „Personal“ des Gertrudis-Hospitals. Er unterstützt die gelernte Kinderkrankenschwester, Arztassistentin und Koordinatorin des Ehrenamtes Regina Kurse bei der Behandlung von demenziell erkrankten Patient*innen.
Für den Einsatz auf der Station mussten der Vierbeiner und sein Frauchen erst die Ausbildung zum Therapiebegleithund absolvieren, die der Förderverein Palliativmedizin am Gertrudis-Hospital e. V. unterstützt hat.
Das hieß: theoretischer Unterricht für Regina Kruse, praktischer Unterricht für Oscar. „Von der Anatomie des Hundes bis hin zur Kommunikation zwischen Mensch und Tier – in der Ausbildung gab es nicht nur für Oscar einiges zu lernen“, so Regina Kruse, die schon seit über zwölf Jahren im Gertrudis-Hospital in Westerholt tätig ist. „Die Vertrauensbasis zwischen Oscar und mir ist dabei von großer Bedeutung: Wir müssen uns aufeinander verlassen können“, so Regina Kruse. Seit 2018 ist er im Gertrudis-Hospital „angestellt“, hat seine Prüfung 2019 abgelegt und muss regelmäßig zur Rezertifizierung.
Doch wie sieht so eine therapeutische Behandlung durch einen Hund nun genau aus? Eine tiergestützte Therapie kann ganz unterschiedlich ausfallen: „Schon kleine Berührungen, Streicheleinheiten und Handlecken stellen eine enorme Bereicherung für demenziell erkrankte Menschen dar und können kleine Wunder bewirken, indem sie die motorischen Fähigkeiten des Patient*innen trainieren“, so Oscars Besitzerin Regina Kruse.
Aber es gibt viele Methoden, um den Patient*innen zu helfen, die Wahrnehmung zu schulen, das Selbstwertgefühl zu verbessern und Vertrauen aufzubauen. So spielt Oscar beispielsweise „Mensch, ärgere dich nicht“ mit den Patient*innen, indem er für sie das Würfeln übernimmt. Oder der Hovawart animiert die Patient*innen dazu, sich nach dem Wurfball zu bücken, sodass die sie Bewegungsübungen absolvieren. „Natürlich machen wir aber nur das, was der Patient sich wünscht – manch einer vergisst dadurch sogar seine Beschwerden und lacht wieder“, so die gelernte Kinderkrankenschwester.
Die tiergestützte Therapie fördert die Körperkoordination sowie den Kraftaufbau und ist in Einzelsitzungen sowie Kleingruppen möglich. Voraussetzung ist stets, dass die Patienten oder der Patient keine Angst vor Hunden hat und der Hygienestandard im Krankenhaus beachtet wird. Das heißt, dass Patient*innen sich vor jeder Therapiestunde ihre Hände desinfizieren, schließlich müssen beide geschützt werden: der Hund und der Patient.
„Bereits seit Jahrzehnten ist bekannt, dass Tiere erfolgreich bei der Behandlung von Patient*innen eingesetzt werden können. Gerade Hunde können bei Erkrankten Großes bewirken: Sie verschaffen emotionale Nähe und Wärme, sie motivieren und beruhigen“, so Dr. Anette Borchert, Chefärztin der Klinik für Geriatrie.
Vor allem bei demenziell erkrankten Patient*innen setzen Therapiehunde wie Oscar ungeahnte Ressourcen frei: Sie geben Freude, Zärtlichkeit und Anerkennung, ohne dafür eine Gegenleistung zu erwarten. Außerdem erfassen Therapiebegleithunde instinktiv die Stimmung des Erkrankten und geben ihm das Gefühl, gebraucht zu werden. Dadurch beginnen Menschen, die sonst in sich gekehrt und apathisch sind, sich zu öffnen. Sie erinnern sich an Erlebnisse, berichten von früher und nehmen wieder Kontakt zu ihren Mitmenschen auf.
Klinische Untersuchungen haben zudem eine Auswirkung auf den Blutdruck der Patient*innen gezeigt, sodass die tiergestützte Therapie sowohl zu einer Verbesserung der seelischen als auch körperlichen Verfassung bei Patient*innen mit Demenz bewirkt.
„In Deutschland gibt es inzwischen mehr als hundert Krankenhauseinrichtungen, die Tiere wie Hunde zu Therapiezwecken einsetzen. Deswegen freuen wir uns sehr, dass Regina Kruse im Rahmen ihrer Tätigkeit als Demenzcoach diese verantwortungsvolle Aufgabe übernimmt. Ein Therapiebegleithund ist eine wunderbare Ergänzung unseres ganzheitlichen Therapiekonzepts in der Klinik für Akutgeriatrie, Frührehabilitation und Palliativmedizin – und bisher haben wir mit dieser Therapieform durchweg positive Erfahrungen gemacht“, so Dr. Annette Borchert.