Wahrscheinlich kennen Sie es aus leidvoller Erfahrung: Sodbrennen. Das ist nicht nur unangenehm, sondern kann auch zu schweren Entzündungen der Schleimhaut führen.
Ursache des Sodbrennens (medizinisch: Refluxkrankheit) ist häufig ein Zwerchfellbruch.
Auf den folgenden Seiten werden wir Ihnen ausführlich dieses Krankheitsbild vorstellen. Sie erfahren alles Wissenswerte über Anatomie, Ursachen, Beschwerden, Untersuchungen sowie die Therapie dieser Erkrankung.
Unser Team hat sich im Gertrudis-Hospital Westerholt auf die Therapie von Sodbrennen, Zwerchfellbruch und Refluxkrankheit spezialisiert. Regelmäßig bieten wir Fort- und Weiterbildungen für Ärzt*innen und Seminare für unsere Patient*innen an. Seit einigen Jahren sind wir außerdem für das Weltunternehmen Olympus Referenzzentrum für minimal-invasive-Bauchchirurgie.
Und noch eine Besonderheit halten wir bereit: Wir verfügen über ein eigenes Ösophagus-, Magen- und Darm- Funktionslabor.
Auf dieser Seite möchten wir Ihnen kurz einige anatomische Grundlagen und das Zusammenspiel von Speiseröhre, Zwerchfell, Magen und Magen-Speiseröhrenübergang vorstellen.
Die Speiseröhre ist ein Muskelschlauch, der feste und flüssige Nahrung (einschließlich mehrerer Liter Speichel pro Tag) vom Mund in den Magen transportiert.
Das Zwerchfell ist ein starker Atemmuskel, der sich rund 15.000 Mal am Tag bewegt und den Brustkorb vom Bauchraum trennt.
Der Magen ist in fünf Bereiche unterteilt, und zwar
Am Übergang der Speiseröhre in den Magen gibt es eine sogenannte Hochdruckzone, die wie ein Ventil arbeitet, das sich beim Schluckakt gezielt öffnet.
Sodbrennen ist in der Bevölkerung als Hauptsymptom der Reflux-Erkrankung weit verbreitet und verursacht bei vielen Menschen oft jahrzehntelang Beschwerden.
Weil aggressiver Magensaft, Magensäure und Gallenflüssigkeit über die undichte Hochdruckzone in die Speiseröhre zurücklaufen kommt es zu einer Reizung der Schleimhaut. Schlimme Entzündungen (Refluxösophagitis) können die Folge sein. Typische Beschwerden sind aber außerdem:
Diese Anzeichen (Symptome) werden nicht immer gleich richtig gedeutet. Es kommt häufig vor, dass die erste Diagnose "Herzprobleme" lautet. Viele Sodbrennen-Patient*innen müssen deshalb ausgedehnte Herz-Untersuchungen über sich ergehen lassen, bevor der tatsächliche Grund ihres Leidens erkannt wird.
Durch flaches Liegen und Nach-vorne-Beugen nehmen die Beschwerden häufig erheblich zu. Denn dann kann die Magensäure manchmal bis in Nase und Lunge laufen. Außerdem können einige Lebensmittel (Kaffee, Rotwein, scharfe und saure Genussmittel, Süßspeisen) die Beschwerden verstärken.
Sodbrennen entsteht, wenn das "Ventil" zwischen Speiseröhre und Magen nicht richtig abdichtet. Oft hat das Zwerchfell eine zu große Lücke. Dann spricht man von Zwerchfellbruch bzw. Hiatushernie.
Statistisch gesehen hat jede/r zehnte (!) Bundesbürger*in einen Zwerchfellbruch. Aber nur bei 10 Prozent von ihnen treten Beschwerden auf. Die können jedoch massiv werden. Denn Anteile des Magens treten dann bei jedem Atmen, Schlucken, Husten und Aufstoßen in den Brustraum und können hier einklemmen. Die Folge sind häufig krampfartige Oberbauchschmerzen. Im Extremfall kann sogar der ganze Magen in den Brustraum gelangen (Thoraxmagen, Upside-Down-Magen).
Rund die Hälfte aller Patiente*innen mit Sodbrennen haben außerdem Schluckstörungen, das heißt: Sie haben eine zu geringe oder ungerichtete Schluckkraft. Es gibt jedoch auch Schluckstörungen, die auf ein anderes Krankheitsbild zurückzuführen sind, zum Beispiel die spastische Schluckstörung. Diese können wir durch Spezialuntersuchungen wie die ph-Metrie, die Manometrie oder das Röntgen ausschließen, da man sie anders behandelt als die Refluxkrankheit.
Achalasie ist eine fehlende Erschlaffung des Ventils zwischen Speiseröhre und Magen. Dadurch kommt es zu einer Ausdehnung der Speiseröhre. In der "aufgeblähten" Speiseröhre werden die Speisen vor dem Magen zurückgehalten. Hierdurch entstehen Schmerzen wie Druckgefühl und/oder Sodbrennen.
Das Zwerchfell kann verschiedene Bruchtypen aufweisen:
Charakteristisch ist der spitze Winkel zwischen Speiseröhre und Magenkuppel, der sogenannter His-Winkel.
Verschiebung des Ventils zwischen Speiseröhre und Magen nach oben und zurück (der spitze His-Winkel ist aufgehoben).
Magenanteile rutschen NEBEN der Speiseöhre in den Brustkorb und verbleiben dort.
Anteile einer Hiatusgleithernie und paraösophagealen Hernie.
Der gesamte Magen rutscht (prolabiert) in den Brustkorb (Thorax).
Wenn Sie Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt von Ihrem Sodbrennen berichten, wird sie oder er durch eine ausführliche Befragung (Anamnese) Ihre Krankengeschichte - sofern diese noch nicht bekannt ist - erheben.
Folgende Fragen wird er Ihnen unter anderem stellen:
Bei einer Magenspiegelung (Gastroskopie) wird Ihnen über die Speiseröhre ein Gastroskop (eine flexible Kameraoptik) bis in den Magen eingeführt. Dieses Gastroskop kann man bis in den Zwölffingerdarm vorschieben. Dadurch erhalten wir Bilder, die Aufschluss über die Art Ihrer Erkrankung geben.
Diese Untersuchung wird von einigen Patient*innen als unangenehm empfunden, da der Schluckreflex für wenige Minuten fast vollständig unterdrückt werden muss. Deshalb erhalten Sie auf Wunsch eine Betäubungsspritze, so dass Sie fast gar nichts von dieser Untersuchung mitbekommen.
Mit Hilfe der ph-Metrie können wir nachweisen, ob aggressiv saurer Magensaft in krankhafter Häufigkeit in den unteren Teil der Speiseröhre gelangt. Weil die pH-Werte in der Speiseröhre und des Magens von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst werden (z. B. Essen, Trinken, Schlafen), zeichnen wir diese nicht als Momentaufnahme, sondern über die Dauer von bis zu 24 Stunden kontinuierlich auf. Alle gewonnenen Daten werten wir dann aus.
Ganz allgemein gilt folgende Faustregel: Ein pH-Wert von 4 im unteren Speiseröhrenabschnitt ist die kritische Untergrenze. Messwerte unterhalb dieses Grenzwertes, sofern sie vorübergehend auftreten, können durchaus normal sein.
Der im Magen gemessene pH-Wert liegt in der Regel bei 1 und steigt sowohl bei Nahrungsaufnahme als auch während der Schlafphase an (Alkalisierung).
Für die Zeit der Messwertaufzeichnung wird Ihnen ein dünner Plastikschlauch (Katheter), an dem sich bis zu zwei Säuremesspunkte befinden, über die Nase eingeführt. Dieser Schlauch wird über den Rachenraum und die Speiseröhre so weit vorgeschoben, bis der obere Messpunkt 5 cm über dem Oberrand der Hochdruckzone platziert ist. Dabei nehmen Sie schluckweise Flüssigkeit zu sich. Das hilft dabei, den Messschlauch mit dem Schluckakt vorzuschieben.
Zur Durchführung der Messung benötigen wir einen Messpunkt (Referenzelektrode). Dieser wird, je nach Kathetertyp, seitlich am Rumpf oder unter dem Schlüsselbein befestigt.
Ein Aufzeichnungsgerät, das nicht größer als ein transportables Kassettenabspielgerät ist, misst über die folgenden bis zu 24 Stunden maximal 15 mal pro Minute den pH-Wert in Speiseröhre und Magen.
Sie müssen während dieser Zeit notieren, wann Sie essen oder trinken, ob Sie Beschwerden haben oder ob Sie sich in einer liegenden Körperposition befinden. Diese Angaben sind deshalb wichtig, weil wir so die gemessenen pH-Werte auf die einzelnen Ereignisse beziehen können.
Als Ergebnis der pH-Messung erhalten wir, neben vielen zusätzlichen Informationen, eine grafische Umsetzung der aufgezeichneten Messwerte. Diese Grafik veranschaulicht durch zwei Messkurven (eine für den Säurewert der Speiseröhre, oben, eine für den des Magens, unten) den Säuregrad während des Aufzeichnungszeitraumes (bis zu 24 Stunden). Außerdem sind bestimmte Phasen durch Symbole markiert: Nahrungsaufnahme (Messer/Gabel), Liegen (Bett) und auftretende Beschwerden (Herz).
Mit Hilfe der Druckmessung der Speiseröhre (Manometrie) können wir die Funktion der Hochdruckzone beurteilen und Funktionsstörungen der Speiseröhre (Motilitätsstörung) erfassen. Diese Ergebnisse haben sowohl Einfluss auf die medikamentöse (nicht-operativ) als auch auf die operative Vorgehensweise.
Darüber hinaus erhalten wir Aufschluss über Funktionsstörungen, die zum Beispiel im Rahmen eines anderen Krankheitsbildes (z. B. spastische Schluckstörung, Achalasie) auftreten können.
Bei der Manometrie wird zunächst ein Druckmesskatheter über die Speiseröhre bis in den Magen vorgeschoben. Danach wird der Katheter Zentimeter für Zentimeter zurückgezogen. So können wir während des Rückziehens die Druckwerte in der Hochdruckzone und der Speiseröhre erfassen und aufzeichnen.
Mit dieser Technik können Refluxkrankheiten aufgedeckt werden, die bei der Magenspiegelung und der Säuremessung scheinbar unauffällige Befunde ergeben.
Diese Messung ist dann von Bedeutung, wenn die Speiseröhre nicht durch Säure, sondern in erster Linie von Verdauungssäften (Galle, Zwölffingerdarmsaft, Bauchspeicheldrüsensekreten) angegriffen wird.
Das Röntgen der Magen-Darm-Passage führen wir nur durch, wenn es wirklich erforderlich ist. Die Aufnahmen liefern unter anderem Hinweise auf das Vorliegen eines Zwerchfellbruches. Darüber hinaus können wir mit Hilfe der Aufnahmen Größe und Beschaffenheit des Bruches beurteilen. Um diese Untersuchung durchführen zu können, müssen Sie ein - in der Regel Barium-haltiges - Kontrastmittel schlucken. Dabei erfolgt eine kurze Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen, wobei der Verlauf des Kontrastmittels verfolgt wird. Während der Untersuchung ist Ihr Kopf tiefer gelegt: So können wir feststellen, ob das Kontrastmittel aus dem Magen in die Speiseröhre zurückfließt, wie dies bei einer undichten Hochdruckzone häufig der Fall ist.
Wie Ihre Erkrankung behandelt wird, hängt zum einen von der Schwere, zum anderen von der Ursache ab. Grundsätzlich unterschieden wird jedoch zwischen einer nicht-operativen Behandlung und einer operativen Therapie.
In leichten Fällen, also dann, wenn die Speiseröhre nicht entzündet ist, reicht eine Änderung der Lebensgewohnheiten. Das heißt:
Wenn die Speiseröhre bereits entzündet ist oder wenn sich trotz Umstellung der Ernährungsgewohnheiten keine Besserung zeigt, dann werden Sie medikamentös behandelt:
Leider ist in vielen Fällen eine lebenslange Medikamenteneinnahme notwendig.
Antacida (säureneutralisierende Mittel): Sie sind in flüssiger Form oder als Kautabletten erhältlich; z. B. Maaloxan®, Natron. Wirkung: Antacida sofort gegen Refluxbeschwerden durch eine Neutralisation der Magensäure. Antacida eignen sich deshalb besonders zur Behandlung von gelegentlichem Sodbrennen.
H2-Rezeptor-Antagonisten: Z. B. Ranitic®, Zantic® Wirkung: Sie reduzieren die Magensäurebildung durch Blockade der H2-Rezeptoren.
Protonenpumpenblocker: Z. B. Antra®, Rifun®, Nexium®. Wirkung: Hemmen in der Magenschleimhaut die Bildung von Magensäure. Der Magensaft ist dann nicht mehr sauer und weniger aggressiv.
Sucralfat: Z. B. Ulcogant®. Wirkung: Legt sich wie ein Schutzpflaster über die Schleimhautschäden und -geschwüre im Magen und fördert so die Wundheilung.
Eine chirurgische Therapie ist dann notwendig, wenn eine medikamentöse Behandlung nicht ausreicht und/oder ein großer Zwerchfellbruch mit Einklemmungen des Magens vorliegt.
Die sogenannte Antirefluxoperation hat in den vergangenen Jahren durch die minimal-invasive, patientenschonende endoskopische (Schlüsselloch-)Technik zunehmend an Bedeutung gewonnen. Gegenüber der alten offenen Technik können wir das Operationsgebiet mit der Schlüssellochtechnik wesentlich besser einsehen und präparieren. Außerdem verkürzt sich die Operationszeit, Sie haben deutlich geringere Wundschmerzen, und Ihr Klinikaufenthalt verkürzt sich.
Im Gertrudis-Hospital erfolgt die Operation in sieben aufeinander folgenden Phasen. Wir stellen Sie Ihnen hier ausführlich vor:
In dieser Phase der Operation werden die Arbeitsgeräte (Endoskope bzw. endoskopische Geräte), im Normalfall fünf Stück, über 5-12 Millimeter große Öffnungen durch die Bauchdecke in den Bauchraum eingeführt.
Die folgenden Aufnahmen zeigen das unbehandelte Zwerchfellbruchloch und den Magen, der über dieses Loch in den Brustraum eingedrungen ist. Alle weiteren Beschriftungen (Leber, Fettgewebe etc.) sollen zur besseren Orientierung dienen. Klicken Sie auf die Miniatur um sich die Bilder im medizinischen Bilderbuch vergrößert anzuschauen.
Zunächst müssen das Zwerchfellloch und die betroffenen Strukturen (Zwerchfellschenkel, Magenkuppel und Speiseröhre) zugänglich gemacht werden. Das bedeutet, dass unter Umständen Verwachsungen gelöst werden müssen und die Leber angehoben wird, weil sie die Sicht auf das Operationsfeld behindert.
Mit Hilfe der Zwerchfellnaht werden die beiden Zwerchfellschenkel an ihrer größten Entfernung miteinander verbunden und näher aneinander gezogen. Der hierbei verwendete Faden bleibt im Körper, ohne dass Sie ihn spüren.
Die Zwerchfellnaht muss bei großen Zwerchfellbrüchen und schwacher Muskulatur ggf. durch ein Kunststoffnetz verstärkt werden. Dadurch wird der Verschluss der Bruchlücke stabiler.
In dieser Operationsphase geht es darum, die Magenkuppel zu lockern. Sie wird von Zwerchfell und Milz gelöst, um später eine spannungsfreie Manschette um die Speiseröhre zu legen.
Um zu verhindern, dass der Magen bzw. die dazugehörige Magenkuppel in Zukunft erneut in den Brustraum verrutscht, wird die Magenkuppel zusätzlich mit Hilfe von Titanklammern an das Zwerchfell befestigt.
In der letzten OP-Phase wird die Magenmanschette (neues Ventil) mit der Speiseröhrenmuskulatur (rechts und links) durch fortlaufende Naht dauerhaft befestigt.
Ob diese Manschette als Teilmanschette (200-300 Grad, Teilmanschette nach Toupet) oder als komplette Manschette (360 Grad, Fundoplicatio nach Nissen) angelegt wird, muss individuell unter Berücksichtigung des Alters, Geschlechts, der Druckmessungen und der anatomischen Gegebenheiten entschieden werden. Die nachfolgenden Grafiken und Operationsaufnahmen veranschaulichen die Vorgehensweisen.